Freitag, 23. November 2007

HALF PAST DEAD



Nachdem "Exit Wounds" 2001 ein wunderbares Kino-Comeback für Steven Seagal darstellte, erwartete ich mit seinem nächsten Werk etwas, das qualitativ sicher mit Exit Wounds mithalten würde. Da wurde im Internet bereits berichtet, dass "Half Past Dead" auch "Under Siege 3" heissen könnte, da der Plot ebenfalls auf begrenztem Terrain stattfinden wird, anstatt Schiff (Under Siege) oder Zug (Under Siege 2: Dark Territory) kämpft Steven diesmal in einem grossen Gefängnis gegen die bösen Terroristen.


Inhalt:
Undercover Agent Sascha Petrosevitch hat im Auftrag des FBI fünf Jahre im wiedereröffneten Alcatraz abzusitzen. Das berüchtigte Gefängnis hat sich in ein HiTech-Zuchthaus mit modernstem Equipment verwandelt. In der Todeszelle wartet der Gangster Lester auf seine Hinrichtung. Er ist der einzige, der Kenntnis vom Versteck der 200 Mio. Dollar-Beute seines letzten Überfalles hat. Und genau für dieses Vermögen interessiert sich der brutale Donny und seine "49er"-Gang. Die Killertruppe stürmt Alcatraz, nimmt Geiseln und ist zum Äußersten bereit. Sascha hat nur eine Chance, einen blutigen Massenmord zu verhindern: er muss einen Aufstand der Gefangenen gegen die Besetzer anzetteln!


Was sich Inhaltsmässig wirklich wie ein weiteres Abenteuer von Casey Ryback anhört, hat in Wirklichkeit nicht viel mit den beiden Actionklassikern gemein. Gedreht wurde der Film in einem alten Stasi-Gefängnis in Deutschland, ebenso war eine Second Unit in San Francisco tätig und machte dort einige Aufnahmen. Zudem lehnte "The Rock"-Regisseur Michael Bay, seinem Freund und "Half Past Dead"-Regisseur Don Michael Paul einige Aufnahmen, die während "The Rock" gemacht wurden, um das neue Alcatraz darzustellen. Naja.. aussen alte Bruchbude - innen topmodern - wer's glaubt - aber immer der Reihe nach.


Wer hier einen typischen ultrabrutalen Kracher von Steven Seagal erwartet, ist auf dem falschen Dampfer gelandet. Steven zeigt zwar eine gewisse Spielfreude, es gibt einige Ballereien, einige Prüglereien, aber im Grossen und Ganzen haut das niemandem die Füsse weg vor Freude. Seagal, der sich für "Exit Wounds" ordentlich in Form brachte, hat die verlorenen Kilos wieder angefressen und wirkt extrem rundlich. Zudem, was das alberne Kopftüchlein soll, kann ich mir immer noch nicht erklären.


Sehr erfreulich ist jedoch der Rest des Casts. Ja Rule hat was symphatisches an sich - kann er schauspielern? - jein - aber er kommt symphatisch rüber und hat nur einige wenige nervende Stellen. Morris Chestnut spielt den Oberbösen 49er-one. Chestnut ist für mich zugleich der Höhepunkt des Films. Ich denke, so einen charismatischen Gegenspieler, der so unberechenbar-gefährlich wirkte, hatte Seagal selten. Der Rest des Casts war gespickt mit einigen Deutschen - Hannes Jaenicke, Alexandra Kamp plus viele deutsche Statisten, Hip-Hop-Star Kurupt, dem bekannten Tony Plana, der Babylon-5-erprobten Claudia Christian, und dem TV-Produzenten Steven J. Cannell (TV-Serien: The A-Team, Stingray, Booker, 21 Jump Street, Riptide, Renegade, Hardcastle & McCormick, Hunter), der ebenfalls eine kleine Rolle bekam - jedoch nur, weil zu diesem Zeitpunkt niemand anders verfügbar war - erstens wegen dem begrenzten Budget - und zweitens, weil der Film während des 11. Septembers 2001 gedreht wurde und hier viele Schauspieler keinen Fuss mehr in ein Flugzeug wagen wollten.


Die Story geht zügig voran - der Look des Films ist stylisch - jedoch das ganze wirkt wie eine riesige MTV-Clipshow mit einem Steven Seagal, der sichtlich fehl am Platze ist. Regisseur Don Michael Paul erwähnte auch, dass er den Film im Videoclip-Stil drehen wollte. Hat er geschafft. Hip-Hop dröhnt massiv aus dem Lautsprecher, während aufgestylte Gangster hier den grossen Maker markieren. Ich habe nichts gegen Hip-Hop, bin nicht unbedingt ein Fan (wenn schon Hip-Hop, dann bitte was von NWU-Records/DBM), und wenns zum Film passt, ist es ja okay. Aber hier wurde bei jedem kleiner Remplerei, bei quasi jeder Szene - Hip-Hop über Hip-Hop über Hip-Hop gebracht. Sorry, ich will einen Seagal-Film schauen und kein MTV-Movie!


Ein weiteres Problem war, dass man dem Film das niedrige Budget ansah, obwohl alles einen ordentlichen Look hatte. Aber man sah, dass viele Aussenaufnahmen fehlten, die dem Film sehr gut getan hätten. Und dass das falsche USA zu Beginn Deutschland war, ist ja okay, aber trotzdem, der Film macht auf mich keinen fertigen Eindruck.


Fazit: "Half Past Dead" war ein Flop an den Kinokassen und kam hierzulande erst auf DVD in den Handel. Steven Seagal hatte sein Kino-Comeback mit diesem Film nicht erfolgreich fortsetzen können. Anschliessend drehte er in Polen "The Foreigner", was der Anfang für einen weiteren Abschnitt in Seagals Filmographie war - der Eintritt in die Welt der B-Movies. "Half Past Dead" dennoch hat einen leichten Unterhaltungsfaktor und ist bei weitem nicht das Schlechteste von Mister Seagal. Das fehlende Budget, die fehlende Härte, die Overdose Hip-Hop und die fehlenden Aikido-Einlagen Seagals sind jedoch erhebliche Schwachpunkte. Übrigens, 2007 erschien die Fortsetzung "Half Past Dead 2" mit Wrestler Bill Goldberg in der Hauptrolle... sofern dies überhaut jemand interessieren kann...

Schulnote 3.75

"HALF PAST DEAD" on IMDB



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