Der Mann ist eine Legende. Clint Eastwood, wird dieses Jahr 79 Jahre alt, ruht sich nach Rollen in über 60ig Filmen (darunter 33 Regie-Arbeiten, teilweise im Doppelmandat als Schauspieler und Regisseur) noch lange nicht auf seinen Lorbeeren aus. Schauspielerisch war Clint das letzte mal vor vier Jahren in "Million Dollar Baby" im Kino zu bewundern. Mit seinem neusten Werk "Gran Torino" will Clint nun seine angeblich letzte Rolle in einem Kinofilm spielen. Inhalt: Walt Kowalski (Clint Eastwood) ist ein altgedienter Veteran aus dem Koreakrieg. Er wohnt in einer Vorortsiedlung, die schon bessere Zeiten erlebt hat. Die meisten Nachbarn zogen weg in bessere Gegenden. Gangs ziehen durch die Strassen. Doch Walt hält die Stellung. Als eines Tages eine Hmong-Familie neben Clints Haus einzieht, ist der von Vorurteilen geprägte Ex-Soldat alles andere als erfreut. Als er dann jedoch die beiden Nachbarskinder Thao und Sue nacheinander vor einer ansässigen Gang rettet, scheint sich langsam eine Freundschaft zwischen den beiden Kulturen zu entwickeln. Als die Gang um deren Anführer Smokie und Spider jedoch Thao misshandeln und Sue brutal vergewaltigen, greift Walt ein. Ein Film wie "Gran Torino" kann man schwer in ein Genre stecken. Von der Zusammenfassung her, könnte der Film zur Gattung der typischen Revenge-Filme gehören. Jedoch, wer den Film gesehen hat, würde keinen Gedanken mehr daran verschwenden. Die erste Hälfte des Films ist wunderbares Kino. Walt, eine typisch Eastwood, total verbitterte Figur, die seit Jahren an den Folgen seiner Taten im Koreakrieg leidet und so eine dicker Mauer um sich aufgebaut hat und absolut niemanden an sich ran liess, ausser seiner frisch verstorbenen Frau. Mit seinen Söhnen und deren Familien versteht Walt sich kaum. Auch seine Enkelkinder scheinen sich mehr für Walts Ableben und seinen Ford Gran Torino zu interessieren. Seine Söhne können mit Walt kaum reden. Zu verschlossen ist der Mann, zu viel dicke Luft scheint hier zu herrschen. Nur der Junge Priester Janovich scheint Interesse an Walts Leben zu haben. Bis die symphatische Hmong-Familie Lor nebenan einzieht. Eine Freude war es, Walt auftauen zu sehen. Die harte Art, wie er Thao angefasst hat, schien dem Jungen gut zu tun und stärke sein Selbstvertrauen. Und die hübsche Sue führte Walt dann endgültig in die asiatische Welt der Hmong, welche dem alten Amerikaner zuerst zuwider, dann fremd und schlussendlich immer symphatischer wurde. Als weiteres Highlight des Films sehe ich den "bunten Wortschatz" an, den Clint Eastwood dem Publikum hier um die Ohren jagt. Als Amerikaner mit polnischer Abstammung schimpft Walt auf so ziemlich jede Rasse - Chinesen, Engländer, Irländer, Afroamerikaner, einfach alles. Und dies stets mit einem absolut zynisch-passenden Spruch auf der Lippe. Hier auch ein grosses Lob an das Drehbuch, welches Walt die Tür zur Welt öffnete und aus dem Rassisten einen Mann machte, der sich plötzlich um das Wohle zweier asiatische Kids kümmern konnte. Der Film nimmt im letzten Drittel mit der Vergewaltigung von Sue eine brutale Kurskorrektur vor. Absolut gewollt, will Clint im Zuschauer Rachegefühle aufkommen lassen. Dass diese so, wie der brutale Actionfreund es sich eigentlich wünscht, nicht befriedigt werden, ist das a) überraschende Ende und b) zugleich auch erwartete Ende des Films. Eastwood versucht anspruchsvolles Kino zu präsentieren. Das dies nicht mit einem Finale wie in John Rambo endet, überraschte mich nicht wirklich, stellte mich aber vollends zufrieden. Clint Eastood wird älter und älter - und besser und besser. Seine Stimme hört sich von Film zu Film rostiger an, was dem Model des harten alten Mannes die Perfektion verleiht. Mal sehen, ob dies wirklich der letzte Schauspielausflug des alten Recken war. Momentan arbeitet Clint an "The Human Factor" - eine Verfilmung von Nelson Mandela's Leben. Wir freuen uns drauf. Fazit: "Gran Torino" ist ganz ganz grosses Kino. Wenn es einem beim Abspann eines Films noch einen kalten Schauer über den Rücken jagt, dann hat das Filmteam in der Regel einen richtig guten Job gemacht. Und auch jetzt, 24 Stunden später, muss ich sagen, "Gran Torino" hat beinahe keine Schwächen, viele Highlights und einfach eine ergreifende Geschichte. Bestnote! In diesem Sinne: "Get off my lawn!!!" Schulnote 6.0 "Gran Torino" on IMDB.COM
"Gran Torino"-Trailer on YOUTUBE.COM
Jamie Cullum - Gran Torino (Soundtrack)
Sonntag, 29. März 2009
GRAN TORINO
Donnerstag, 26. März 2009
THE OTHER FINAL
Die Schweizer Fussballnationalmannschaft steht derzeit auf Platz 22 der FIFA Weltrangliste (Stand 26. März 2009). Für unsere helvetischen Fussballverhältnisse ist dies gewiss eine anständige Platzierung - jedoch von den Top-Platzierungen noch immer meilenweit entfernt. Deutschland ist da (as usual) schon wesentlich besser klassiert auf dem zweiten Platz. Nur um unsere Freunde aus Österreich muss man sich ein wenig sorgen, liegen diese doch abgeschlagen auf Rang 88. Kopf hoch Ösis, sorgt euch nicht. Denn selbst auf den letzten beiden Plätzen der FIFA Weltrangliste wird noch richtigen Fussball gespielt.
Inhalt:
Als sich am 30. Juni 2002 Deutschland und Brasilien im Endspiel der Weltmeistermeisterschaft gegenüberstehen, ist das andere Finale, "The Other Final", bereits gespielt. Bhutan und Montserrat, auf den Plätzen 202 und 203 in der FIFA-Weltrangliste angesiedelt, trafen aufeinander - vor 25 000 Zuschauer im Himalaya-Königreich Bhutan. Der Dokumentarfilm ist die eindrucksvolle Geschichte einer Reise zu den Wurzeln des Fußballs. Der niederländische Regisseur Johan Kramer setzt das Finale der schlechtesten Nationalteams der Erde stimmungsvoll in Szene. Er beschränkt sich keinesfalls auf das Spiel, sondern erzählt in faszinierenden Bildern von den Menschen: von ihrem Glauben, ihren Hoffnungen, ihren Träumen.
Als ich vor ein paar Jahren "The Other Final" kaufte, wusste ich nicht, dass ich eine wahre Perle von Fussballfilm in den Händen hielt. Zwar ein Gewinner des Internationalen Fussballfilmfestivals "11 mm", aber trotzdem, was der Bauer nicht kennt, frisst er (in der Regel) nicht.
Regisseur Johan Kramer hatte 2002 eine schwere Bürde zu tragen: der holländische Pass. Die Oranjes haben damals im Barragespiel gegen die Irländer den kürzeren gezogen. Irland fuhr an die WM in Asien - das wunderbare Holland (an dieser Stelle nochmals DANKE Holländer für euren tollen Besuch in der Schweiz an der EM 2008!) musste leider Zuhause bleiben. Johan Kramer hat gelitten, und dies wohl ziemlich derb. So kam ihm beim durchforsten der FIFA Weltrangliste eine Idee. Wer waren die beiden am schlecht platziertesten Teams? Platzt 202: Bhutan - Platz 203: Montserrat. Die Idee zu einem Finalspiel dieser beiden Teams war geboren.
Kramer agierte sehr spontan und verschickte je ein Fax an beide Fussballverbände. Mit grosser Begeisterung wurde diese Idee in beiden Ländern aufgenommen. Die Kamera stets dabei, erlebt der glückliche Zuschauer von "The Other Final" das bemühen beider Länder, diesen ganz besonderen Event auszutragen, der dann in Bhutan stattgefunden hat.
Montserrat ist eine kleine Karibik-Insel mit einer Einwohnerzahl von etwa 6500 und besteht zum grössten Teil aus vulkanischen Massiven. Ein grosser Teil der Insel wurde 1995 bei einem Vulkanausbruch zerstört. Die offizielle Hauptstadt Plymouth wurde offiziell aufgegeben und ist jetzt eine Geisterstadt.
Bhutan liegt im Himalaya-Gebirge, hat etwa die Grösse der Schweiz, eine Einwohnerzahl von etwa 600'000 und liegt etwa 2000 Meter über dem Meeresspiegel.
Asien vs. Karibik - Buddhistisches Bergvolk gegen quirrlige Reggae-Typen - oder eben Platz 202 vs. Platz 203.
Das ganze Geschehen wurde von Johan Kramer wunderbar eingefangen. Der Holländer präsentiert dem Auge herrliche Bilder von Bhutan und Montserrat, unterlegt von stets passender Musik. Interviews mit Spielern, Trainern, Präsidenten, Fans und sonstigen Mitfiebernden machen auch den Zuschauer vor der Flimmerkiste heiss auf das Spiel. Die Vorfreude der Spieler beider Lager kann man förmlich spüren. Und auch das Spiel selbst wurde von den Kameras perfekt eingefangen.
Fazit: Dieser Film ist ein Liebesgeständnis an den Fussball. Hier gehts nicht um Sponsoren oder um Geld. "The Other Final" zeigt zwei Randregionen des Fussballs auf eine wunderschöne Art und Weise. Ich danke Johan Kramer für diesen grandiosen Film! Merci!!
Schulnote 6.0
"THE OTHER FINAL" on IMDB.COM
"THE OTHER FINAL" on OFDB.DE
"THE OTHER FINAL"-Trailer on YOUTUBE.COM
MONTSERRAT" on (german) WIKIPEDIA
BHUTAN" on (german) WIKIPEDIA
FIFA-Weltrangliste
Freitag, 6. März 2009
THE WRESTLER
Mickey Rourke meldete sich ja schon mit einer Nebenrolle in "Sin City" und in "Domino" zurück in Hollywood. Jedoch war sein Name anscheinend immer noch zu tief mit Drogen- und Alkoholexzessen befleckt. Inhalt: Randy "The Ram" Robinson war in den achtziger Jahren der Superstar der US Wrestlingszene. Zwanzig Jahre später ist von seiner ruhmreichen Zeit ausser einigen Bildern, Videos und Videospielen nicht mehr viel übrig. "Ram" ist einsam, alt und der Gedanke an den Ruhestand will ihm nicht geheuer werden. Er gehört in den Ring. Als er nach einer harten Schlacht einen Herzinfarkt erleidet, wird er gezwungen sein Leben zu ändern. Dies will ihm jedoch nicht so richtig gelingen... Regisseur Darren Aronofsky, der bisher durch Werke wie "Requiem for a Dream" oder "Pi" aufgefallen ist, schuf mit "The Wrestler" ein eindrückliches Drama, das jedoch vorallem wegen seinem Hauptdarsteller und dessen Geschichte funktioniert. Ausgestattet mit einem Budget von nur sieben Millionen US-Doller (aktuelle B-Movies haben teilweise ein höheres Budget), schaffte es Aronofsky, das Leben von Ram und gleichzeitig Rourke revue passieren zu lassen. In Third Person-View verfolgt die Kamera Ram (Ich nenn's mal "Ram-Cam") durch den Alltag, was dem Ganzen auch den Touch eines Dokumentarfilms verleiht. Und hier finde ich auch den einzigen Haken an der ganzen Geschichte. "The Wrestler" berührte mich im Trailer mehr als der Film selbst. Mickey Rourke's Leistung kann man nur mit Oscar-Verdächtig bezeichnen. Zu jeder Sekunde nimmt man ihm Randy Robinson ab, ob in stillen Momenten, während der Fights (Rourke war in den neunzigern ja auch selbst Profi-Boxer) oder aber auch in den Momenten mit seiner Tochter oder mit Cassidy. Marisa Tomei als alternde (aber immer noch extrem gutaussehende) Stripperin war ebenso ein geschickter Schachzug. Und auch Evan Rachel Wood kann als Ram's Tochter überzeugen. Speziell ihre letzte Szene blieb mir im Gedächtnis haften. Faszinierend ist auch der Einblick in die Wrestling-Szene, den uns Aronofsky hier gewährt. Der kollegiale Bund der Wrestler hinter den Kulissen und die genaue Planung der Fights, all dies war mal was Neues. Fazit: Ich erwartete eine Neuauflage der Rocky-Story, die ich selbst sehr schätze. "The Wrestler" hört sich vielleicht vom Inhalt kurz nach Stallone's Saga an. Während "Rocky" jedoch an die Gefühle des Zuschauers appelliert und die Hauptfigur auch als totaler Symphatieträger fungiert, geht "The Wrestler" einen anderen Weg. Schulnote 5.5
"THE WRESTLER" on IMDB.COM